Vor 25 Jahren kam es kurz vor Wannsee zum schwersten Eisenbahnunfall der Berliner Nachkriegsgeschichte. Um 14:26 Uhr am Karfreitag, den 9. April 1993, stießen zwei Personenzüge frontal aufeinander. Drei Menschen starben, viele weitere wurden schwer verletzt.
Die beiden Züge aus Hannover und nach Stuttgart befanden sich irrtümlich auf dem gleichen Gleis, als der Aufprall passierte. Trotz der relativ langsamen Geschwindigkeit schoben und verkeilten sich die Lokomotiven ineinander, die ersten Waggons wurden von den nachfolgenden eingedrückt und aus den Gleisen gehoben.
Über mehrere Stunden arbeiteten die Retter unermüdlich, um eingeklemmte Betroffene zu befreien. Jeweils rund 150 Feuerwehrleute und Polizisten waren vor Ort. Auch das Technische Hilfswerk unterstützte sie mit einem Großaufgebot.
Für viele damals beteiligte Einsatzkräfte unseres Ortsverbandes, der damals noch Bezirksverband Steglitz hieß, war es einer der schwersten Bergungseinsätze ihres Lebens. Wir erinnern mit unveröffentlichten Fotos und einem Interview an das Unglück vor 25 Jahren.
Interview mit Horst Gäsche, heute Fachberater und damals in leitender Position im Einsatz
Redaktion: Weißt du noch wo du warst, als die Alarmierung losging?
Horst Gäsche: Ja, ich war damals bei meiner Freundin in Zehlendorf. Wir waren auf einem Spaziergang Richtung Schlachtensee. Da ging die Alarmierung los. Ich habe auf den Funkmeldeempfänger geguckt und dachte: ‚Oh, jetzt musst du aber los‘. Dann bin ich zu ihr nach Hause, habe das Auto geholt und bin sofort in die Dienststelle gefahren.
R: Und mit welchem Fahrzeug bist du dann aus der Dienststelle losgefahren?
HG: Das war ein VW T3, unser Mannschaftstransportwagen. Wir haben dann erstmal mit der Polizei koordiniert, wie wir überhaupt an die Schadensstelle rankommen, dort am Wannsee war ja alles zu.
R: Und vorher musstest du ja die Einsatzkräfte alle per Festnetztelefon alarmieren, ein Handy gab es noch nicht…
HG: Ja, beziehungsweise viele hatten auch Meldeempfänger. Die haben dann in der Dienststelle angerufen und denen haben wir gesagt, wen sie noch informieren und mitbringen sollen. Dafür gab es eine Telefonkette. Und wenn die dann ankamen, sind die sofort auf das erste Auto rauf, jedes Fahrzeug das voll besetzt war ist abgefahren.
R: Und als du dann an der Einsatzstelle ankamst, wie war da der erste Eindruck?
HG: Zwischen 15 oder 16 Uhr, wann genau weiß ich nicht mehr, sind wir eingetroffen. Wir sind zuerst zum Einsatzleitwagen der Feuerwehr, da waren wir noch gar nicht richtig an der Einsatzstelle. Da hat uns Landesbranddirektor eingewiesen. Und jemand von der Bahn war auch da, denn die S-Bahn war ja noch in Betrieb. Wir konnten dann später nur arbeiten, wenn gerade keine S-Bahn fuhr.
R: Welche konkreten Aufgaben hatte denn der Bezirksverband Steglitz?
HG: Das waren Bergung, Beleuchtung und Stromversorgung. Das hieß beispielsweise Seitenzuwege an den Waggons schaffen, damit die Rettungskräfte überhaupt herankamen. Außerdem haben wir einen Zugang zur Lok geschaffen, denn zu diesem Zeitpunkt wurden der Lokführer und eine weitere Person noch vermisst.
R: Wie lange war unser Ortsverband im Einsatz?
HG: Wir haben dann zur Nacht die Einsatzkräfte reduziert, waren aber bis zum frühen Morgen vor Ort. Dann kamen unsere Ablösekräfte. Wir waren, nachdem die Vermissten gefunden worden waren, für die Beleuchtung zuständig und haben auf den Hilfszug der Bahn gewartet. Der kam aber erst zu einem späteren Zeitpunkt.
R: Hattet ihr im Nachhinein den Eindruck, dass der Einsatz trotz der schweren Umstände gut verlaufen ist?
HG: Die Zusammenarbeit hat wunderbar funktioniert. Da haben wirklich alle, wenn Hilfe gebraucht wurde, mit angepackt. Egal ob Feuerwehr, THW, Polizei und wie hoch der Rang war.
Horst Gäsche ist ehemaliger Zugführer und Ausbildungbeauftragter unseres Ortsverbandes. Heute bringt er seine enorme Erfahrung als Fachberater ein. Das Gespräch führte Jan Holste.
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