Wenn sich in aller Frühe die Kolonne aus Einsatzfahrzeugen durch die beschaulichen Straßen in bewegt, Motorengeräusche sich mit Funksprüchen vermischen und die Schleuse Kleinmachnow zum Schauplatz emsiger Betriebsamkeit wird, dann ist klar: Das Technische Hilfswerk – genauer gesagt, die Fachgruppe Wasserschaden/Pumpen (WP) des THW Ortverbands Berlin Steglitz-Zehlendorf– trainiert für den Ernstfall.
Mit freundlicher Genehmigung des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts Berlin durfte die Schleusenanlage für eine umfassende Ausbildung genutzt werden. Eine Gelegenheit, die selten ist, aber umso wertvoller: Denn hier trifft Theorie auf Praxis, Technik auf Taktik – und Ehrenamt auf Professionalität.




Ein realistisches Szenario: Der Kanal als Ausbildungsraum
Ausgangspunkt der Übung ist ein fiktives Hochwasserereignis. Simuliert wird eine großflächige Überflutung, bei der große Mengen Wasser kontrolliert gefördert und verteilt werden müssen. Der Ort ist nicht zufällig gewählt: Die Schleuse Kleinmachnow bietet mit ihrem weitverzweigten Gelände, dem Zugang zum Teltowkanal und logistisch anspruchsvollen Rahmenbedingungen eine ideale Kulisse für eine komplexe Ausbildungsmaßnahme.
Die Fachgruppe WP rückt mit ihrer gesamten Ausstattung an: Großpumpen, Schlauchmaterial, Stromerzeuger, Spezialwerkzeuge. Mit dabei sind der Mannschaftslastwagen, ein LKW mit Ladebordwand, Wechselbrückenanhänger und die Großpumpe BÖRGER als Anhänger. Die personelle Stärke umfasst 20 Einsatzkräfte.
Unterstützung kommt von der Bergungsgruppe des 1. Technischen Zuges (1. TZ), deren Aufgabe es ist, beim Aufbau der technischen Infrastruktur mit anzupacken. Auch der Zugtrupp (ZTr) selbst ist eingebunden: Er übernimmt die Koordination, die Dokumentation des Einsatzverlaufs und die Erarbeitung der taktischen Lagekarte.
Der technische Aufbau: Drei Pumpstellen ein Ziel
Der Aufbau folgt einem exakt geplanten Schema:
- Erste Pumpstelle: Zwei leistungsstarke Tauchpumpen vom Typ WILO, mit einer Förderleistung von je 3.000 Litern pro Minute, entnehmen Wasser aus dem Teltowkanal.
- Zweite Pumpstelle: Das Wasser wird in eine Schlauchleitung eingespeist und über etwa 200 Meter zur nächsten Pumpstelle gefördert. Dort übernimmt eine BÖRGER-Schmutzwasserkreiselpumpe, die bis zu 5.000 Liter pro Minute bewegen kann.
- Dritte Pumpstelle: Schließlich bringt eine weitere Großpumpe, diesmal vom Typ HEIDE, ebenfalls mit 5.000 l/min Kapazität, das Wasser zurück in den Kanal.
Zusätzlich wird ein provisorisches Pufferbecken eingerichtet, um Rückstau zu vermeiden und die Steuerung der Fördermengen flexibler zu gestalten.




Ausbildung für den Kopf: Taktik, Planung, Kommunikation
Während die Pumpen anlaufen, arbeiten die Mitglieder des Zugtrupps an ihrer eigenen Mission: Kommunikation strukturieren, Führungswege abbilden, Lagebilder erstellen. Der Aufbau der Zugbefehlsstelle erfolgt unter realistischen Bedingungen – vom Funktisch bis zur Kartentafel. Auch Themen wie Schichtplanung für mehrtägige Einsätze, Versorgung mit Betriebsstoffen (wie Diesel für Pumpen und Generatoren) oder das Meldewesen werden praktisch durchgespielt.
Die Übung bietet Gelegenheit, junge Helferinnen und Helfer an komplexe Abläufe heranzuführen und erfahrene Einsatzkräfte in wechselnden Rollen zu schulen. Besonders im Fokus: Die Führungskräfte der Fachgruppe WP und der Bergungsgruppe. Denn im Ernstfall müssen Entscheidungen schnell, fundiert und koordiniert getroffen werden.
Fehler erlaubt, Lernen erwünscht
„Es geht nicht darum, alles perfekt zu machen, sondern darum, aus Fehlern zu lernen“, sagt ein Gruppenführer vor Ort. Kleine Unstimmigkeiten beim Kuppeln der Schäuche, eine kurze Verzögerung bei der Inbetriebnahme des 60-kVA-Stromerzeugers (SEA), eine falsche Eintragung in die Lagekarte – das alles sind wertvolle Erfahrungen, die später in die Einsatznachbereitung einfließen.
Denn genau darin liegt der Wert solcher Übungen: Risiken erkennen, Routinen einüben, Kommunikation verbessern. Und dabei nicht vergessen, dass technisches Können allein nicht reicht. Es sind die Menschen, die entscheiden, ob Hilfe rechtzeitig ankommt.




Ein Ehrenamt mit Verantwortung
Am Ende des Tages sind die Pumpen wieder verstaut, die Schläuche gespült, die Fahrzeuge aufgetankt. Was bleibt, ist mehr als ein technischer Aufbau. Es ist das gemeinsame Erleben, das Teamgefühl, das Bewusstsein, auf Einsätze vorbereitet zu sein, die niemand hofft, aber alle erwarten.
Auch wenn dies nur eine Übung war, es zeigt: Wenn der Ernstfall kommt, steht das THW bereit.
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